Apps sind das Internet von Morgen

15.10.10, 13:25

Wie kleine Programme die OnlineWelt verändern

Seit den Anfängen bestand unser Online-Erlebnis im Wesentlichen aus dem Klicken von Links und dem tippen von URLs im Browserfenster. Diese Zeiten sind vorbei. Der rasante Aufstieg des allmächtigen Smartphones ist der apokalyptische Reiter der Interneterlebniswelt wie wir sie kennen – zumindest im mobilen Umfeld. Angesichts rasant wachsender mobiler Internetnutzung beginnen einige Netzanbieter die Geister zu fürchten, die sie beschworen. Klingt dramatisch und macht einen Punkt deutlich: Mobile is Key!

Es begann im Jahr 2008 mit der Veröffentlichung des iPhone 3G, welches das App-Konzept extrem populär machte. Es gibt inzwischen Apps für buchstäblich alles. Allein der iTunes App-Store bietet mit Stand Oktober 2010 beinahe 280.000! App ist eine verkürzte Variante des englischen „application“ und bezeichnet ein kleines Programm, welches auf deinem Betriebssystem läuft. Ihr großer Vorteil ist der direkte Zugriff auf die Hardwarefunktionen des Telefons und die Fähigkeit, diese mit Onlineinformationen zu verbinden. Auch wenn es kompliziert klingt ist es das eigentlich nicht. Nimm zum Beispiel die momentan schwer angesagten „Augmented Reality“ Apps, welche die Live-Videobilder der Gerätekamera mit Online-Datenbanken und Indexes verbinden um Informationen über das anvisierte Objekt zu finden. Weitere Entwicklungen erlauben auch die Geolokalisierung des Telefons und Daten über dessen räumliche Ausrichtung um Information zur Umgebung zu erlangen. Die aktuelle HRS App „Hotels Now!“ ist ein klasse Beispiel wie so etwas aussehen kann. Das sind Dinge, die mobile Websites dem Nutzer schlicht und einfach nicht bieten können.

Ein weiteres großes Plus von Apps ist deren spezialisierte Bedienungsoberfläche, welche einen signifikanten Einfluss auf unser Nutzererlebnis hat. Gute Apps und ihre Oberflächen sind speziell auf die Hauptfunktionen des Programms zugeschnitten, was sie zur perfekten Plattform für das Erreichen eines bestimmten Zieles macht. Eine kleine Veranschaulichung: Wenn ich wissen will wo die nächste Bahnhaltestelle ist, öffne ich die entsprechende App und starte die Suche mit nur einem weiteren Klick. Meist sagt mir die App dann auch, wie ich dorthin gelange und wann was wohin fährt. Bei Nutzung eines mobilen Browsers muss ich zuerst einmal herausfinden, wo ich denn eigentlich bin (Fragen klappt immer). Nach dem Öffnen des Browsers muss ich eine Seite finden, welche mir die gesuchten Informationen liefern kann und dort anhand meiner eigenen Position die richtigen Stationen in der Nähe finden. Dann weiß ich aber noch lange nicht unbedingt, wie ich dorthin komme und wann was wohin fährt. Glaubt mir, ich habe beides probiert und während der Suche über den Browser mehrere cholerische Anfälle erlitten. Es ist ein bisschen, wie in einem riesigen Supermarkt das letzte Produkt auf deiner Einkaufsliste finden zu müssen – nur mit Fesseln an den Beinen. Kein Wunder, dass Leute lieber eine komfortable App benutzen. Man könnte sagen, dass einige Onlineprojekte mit ihren Apps stehen und fallen. Das gilt besonders bei den momentan sehr beliebten Check-In Diensten wie Foursquare.

Ich bin mir natürlich bewusst, dass Apps auch ihre Schattenseiten haben. Die gegenwärtig enorme Fragmentierung bei den Betriebssystemen bringt Entwickler wahrscheinlich genauso zur Verzweiflung wie die Optimierung einer Webseite für den Internet Explorer. Um zu verstehen was ich meine, schaue dir einfach die Grafik unten an. Sie stammt von den Entwicklern der mobilen App für den Twitterclient Tweetdeck. Android ist nur EINES der großen Betriebssysteme!

android system fragmentation pie chart

Allerdings ist das vollkommen normal für einen so jungen Markt, in dem jeder mitmischen will, um ein Stück des Kuchens zu erhaschen. Dieses Problem wird sich also mit der Zeit verkleinern, wenn einige der heutigen Betriebssysteme durch Konkurrenzdruck und sich entwickelnde Standards von der Bildfläche verschwinden. Es ist schon ein wenig ironisch, dass gerade Microsoft die Firma ist, die zuerst ihre Lehren aus dem Androidwahnsinn gelernt hat. Sie haben einfach Minimumstandards für die Endgeräte und die Netzbetreiber festgelegt um Kompatibilitätsprobleme zu reduzieren.

Ein weiterer, und kontrovers diskutierter, Aspekt ist der freie Zugang zu Informationen. Bei einer App hat es der Entwickler von Anfang an in der Hand welche Informationen zum Nutzer durchdringen können, und welche nicht. Es ist gewissermaßen Teil des Grundkonzeptes einer App, wohingegen ein Browser ein mehr oder weniger neutrales Instrument zur Informationsdarstellung ist. Das Thema ist schwierig und der Platz knapp, ich schlage also vor du gehst da raus und machst dir selber ein Bild da das auch nicht mein Anliegen sein soll.

Ich will hier lediglich den Standpunkt vertreten, dass wir in Zukunft einen zunehmenden Teil unserer Informationen über Apps konsumieren und verbreiten werden. Das wird absehbar die Art und Weise beeinflussen wie wir Information behandeln. Sowohl als Empfänger als auch als Sender. Vielleicht werden wir uns eines Tages zurücklehnen und zu unseren Enkeln sagen „Weißt du, früher, zu Beginn des App-Zeitalters, als es noch Browser gab, da war alles anders.“

Stephan de Paly – Blogautor print24

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