Das Liquid Newsroom Projekt

05.11.10, 14:09

will die Nachrichtenwelt verändern

Heutzutage sind zu nahezu jedem Thema tausende Nachrichtenartikel jederzeit verfügbar. Zeitungen, Fernsehsender, Radiostationen und Blogs weltweit haben ein Auge auf aktuelle Entwicklungen und kommentieren diese mit unterschiedlich ausgeprägtem Grad an Kompetenz oder Interesse. Als Leser ertrinkt man regelmäßig in dieser Springflut an Informationen und hält sich dann doch an die eine Nachrichtenquelle, die man „schon immer“ konsultiert hat. Das ist keine Frage des mangelnden Interesses, das ist eine Frage der Überforderung des Lesers. Genau hier will der Liquid Newsroom in die Bresche springen.

Es gibt immer mehr als eine Ansicht zu einem bestimmten Nachrichtenthema, aber es braucht eine Menge Zeit und Aufwand, um diese für eine größere Gesamtperspektive zu sammeln und auch zu verstehen. Der Liquid Newsroom versucht dem Leser eine Art „One-Stop-Shop“ für Nachrichten zu bieten um diese Aufgabe zu vereinfachen. Vor ein paar Wochen traf ich Steffen Konrath, den Kopf hinter diesem Projekt. Er erklärte mir wie das funktionieren soll.

Die Grundlage bildet ein Nachrichtenstream ausgewählter Quellen mit themenbezogener Authorität. Journalisten ziehen sich relevante Artikel aus diesem Pool heraus, um sie mit weiteren Inhalten anzureichern. Zusammen mit einem Link zur Originalveröffentlichung wird ein Gesamtpaket aus vertieften Analysen, Bildmaterial (Photos, Grafiken, Videos), Empfehlungen zur weiteren Recherche und Expertenkommentar in den Nachrichtenstream für die Nutzer eingespeist. (Das würde auf einem iPad sicher klasse aussehen. ;))

Aber Moment mal, ganz so neu ist das nun auch nicht – so werden Nachrichten doch längst auch von anderen aufbereitet! Richtig, aber jetzt kommt’s: Der gesamte Redaktionsprozess ist für Nutzer transparent und durch sie beeinflussbar. Da auch der ursprüngliche Nachrichtenstream einsehbar ist, können sich Leser ein Bild über die Auswahl des Journalisten machen. Ergänzt um die Möglichkeit zu Kommentieren, Fragen zu stellen und weiteres Informationsmaterial abzufragen gibt dies dem Leser einen Weg neue Inhalte zu steuern. Die Nutzer werden Teil des Redaktionsprozesses, der somit nicht mehr wie in Stein gemeißelt scheint, sondern sich ständig im Fluss der Interaktion mit den Lesern verändert. Daher wohl auch die Bezeichnung „Liquid Newsroom“ [liquid: flüssig]. Im Folgenden findet ihr eine Grafik, die recht anschaulich zeigt, was ich eben mit meinen eigenen Worten erläutert habe.

Liquid-Newsroom-by-Steffen-Konrath

Es gibt noch einige offensichtliche Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor die Idee in die Realisierung gehen kann. Eine der offenen Fragen ist beispielsweise die Finanzierung. Journalisten arbeiten wenig überraschend nicht für lau. Ein geeignetes Model, welches den Balanceakt zwischen wirtschaftlichen Kennzahlen und journalistischer Qualität vollbringen kann, muss erst noch gefunden werden. Eine weitere Frage betrifft die Zielgruppe. Werden sich genügend gebildete (nicht zwangsläufig studierte) Leser finden, die sich so eindringlich mit Nachrichten beschäftigen wollen oder können? Eine gewisse kritische Masse an Nutzern muss zunächst einmal erreicht werden um die Interaktion zu erzeugen, die dieses Projekt erst interessant macht.

Trotz aller noch offenen Fragen halte ich den Liquid Newsroom für wirklich interessant und langfristig fähig die Nachrichtenmedien kräftig aufzumischen. Gebrauchen könnten sie es!

Der Initiator Steffen Konrath sieht den „Liquid Newsroom“ als offenes Innovationsprojekt. Externe Beteiligung ist höchst willkommen um die Entwicklung der Idee voran zu treiben. Wenn ihr diese Idee unterstützen wollt, seid ihr herzlich zum Mitmachen eingeladen. Es ist ein offenes Projekt und ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass der Initiator fähige Beteiligung sehr zu schätzen weiß.

Wer darüber tweeten mag, kann den Hashtag #liquidnews verwenden.

Stephan de Paly

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